Kurländer oder Bühren oder Biron

 

Die Kurländer verbringen Zeit auf Schloss Hohlstein 

 

Familiengeschichte und Kauf des Schlosses 

 

Hinter dem Besitzer „die Kurländer“ verbirgt sich eine Familie von Biron, die sich für eine kurze Zeit Herzöge von Kurland und Sagan nennen durften, ein Landstrich im heutigen Lettland. 

Hohlstein wird dabei im besonderem mit der Dame Pauline von Biron (1782-1845) später verheiratet mit Friedrich von Hohenzollern-Hechingen in Verbindung gebracht und mit ihrem Sohn Friedrich Wilhelm Konstantin von Hohenzollern-Hechingen.

 

Aber die Geschichte möchte von vorn erzählt werden.

 

Der Urgroßvater Ernst Johann von Bühren, später Reichsgraf von Biron ein Mann mit großem Einfluss auf die Zarin Anna Iwanowna (1693–1740) bekommt von ihr das große Lehen Kurland für seine Dienste hinsichtlich ihrer Thronbesteigung und wird für ca. 10 Jahre ein mächtiger Mann in Russland. 

Im Kurland prasste er haltlos. Von der nächsten Zarin wird er 1741 gestürzt und verbannt. Ein Sohn des August III Kurfürst von Sachsen bekommt nun das Lehen Kurland. 1762 vertrieb die nächste neue Zarin Katharina II diesen Karl von Sachsen wieder und setzte den Ernst Johann von Biron wieder ein. Unruhige Zeiten dazumal. 

 

Ein Teil der kurländischen Ritterschaft versagte Biron jedoch die Huldigung. Trotz seiner autokratischen Neigungen soll er nun aber Kurland mild und gerecht regiert haben. Kaum vorstellbar nach 12.000 Hingerichteten und 20.000 Verbannten in seiner „russischen Regierungszeit“. 1769 verzichtete er auf das Amt und setzte seinen ältesten Sohn Peter zum neuen Herzog von Kurland ein. Allerdings verliert dieser Kurland zwischen den Interessen eines protestantischen kurländischen Adels, den russischen Vorstellungen und sächsicher polnischer Königschaft wieder. Offensichtlich war er sich seines Herzogtumes schon länger nicht sicher und er orientierte sich mit Landeskäufen und dem Erwerb von Schlössern in Richtung Preußen und Böhmen. So kaufte er zum Beispiel 1786 das Herzogtum Sagan in Schlesien, 1792 das Schloss und die Herrschaft Nachod in Böhmen

 

Peter von Biron wurde dann auch 1795 von Zarin Katharina zur Abdankung gezwungen, wobei ihm eine jährliche Rente von 25.000 Dukaten und ein Wittum für seine Gemahlin zugesprochen wurde. Für seine kurländischen Besitzungen erhielt er zwei Millionen Rubel. Anschließend begab er sich mit seiner Familie auf sein Herzogtum Sagan. 

Nach seiner Abdankung kaufte er 1798 auch die Herrschaft Hohlstein (Skała). Unter seiner Ägide erfolgte dann ein starker Umbau des Schlosses in seine letztige Gestalt und er ließ auch den Park anlegen. Von Kunst verstand er etwas. 

Nur so nebenher, unter dem Namen Kurland ist ein vierteiliges Tafelservice in streng klassizistischer Form bekannt. Es wurde vom Herzog 1790 in Auftrag gegeben und später nach ihm benannt. Bei dem sehr aufwändigen Dekor werden die Goldornamente hochglanzpoliert, Gräsern und Schmetterlingen zieren das Geschirr. Heute wird es mit  mehr als 13 verschiedenen Malereidekoren angeboten. Zu Ehren des Herzogs wurde es später Kurland genannt.

 

Pauline erbt Schloss Hohlstein und bekommt Gedichte

 

Seine ganzen gekauften Besitzungen wurden nach seinem Tod 1800 an die vier Töchter vererbt. Seine zweite Tochter Pauline erbte das Schloss Hohlstein. Sie hatte gerade erst den Fürsten Friedrich von Hohenzollern-Hechingen (1776–1838) geheiratet. 

Die Ehe verläuft wohl nicht so großartig. Er kämpft auf der Seite des Feindes Napoleon, sie hat ein Verhältnis mit dem Ehemann ihrer älteren Schwester. Naja damals beides nichts Ungewöhnliches.

 

An dieser Stelle nur als kleiner Hinweis. Die Mutter Dorothea von Kurland, geborene Reichsgräfin von Medem spielt eine rühmliche Rolle in der Vorbereitung der Befreiungskriege, und hatte seinerzeit einen landesweit Bekannten Musenhof in Löbichau [1]. Die vier Töchter führen ein skandalträchtiges Leben, zur Zeit des Wiener Kongresses gibt es einen berühmten Salon mit den Damen. Die jüngste wird eine der reichsten Frauen der Welt. Über eine jedwede wurden Bücher und Abhandlungen geschrieben [2], spannender Stoff.

 

 

 

In den "Erinnerungen des Schloßes Hohlstein" (siehe pdf im Anhang) wird eine Begegnung der Pauline von Hohenzollern Hechlingen mit Theodor Körner beschrieben. In der zugrunde gelegten Literatur war ihre Schwester Johanna von Acerenza an diesem Treffen zugegen. Hohlstein und seine Bewohnerinnen bekommen ein literarisches Denkmal.

 

Theodor Körner wird als Patenkind der Herzogin Mutter Dorothea bezeichnet, diese gilt auch als Förderin der Künste. Das Gedicht ist als Scharade geschrieben, ein Rätsel in Versform. In der Abhandlung „Wandlung von Schloss Hohlstein“ wird der Entstehung des Gedichtes ein romantischer Raum gegeben. In eine erfundenen Liebelei einer hoffenden Paulina mit dem Bergbaustudenten Körner wird ein Motiv des Gedichtes erstellt. Ich setze die Strophen an dieser Stelle mit hinein. Sie spielen mit dem Ort und mit der Begegnung mit den beiden Schwestern. Das Lösungswort ist einfach zu finden.

 

 

Theodor Körner

 

Rätselgedicht Nr. 1218, Scharade (1+1 Silben)

 

An Prinzessin Marie Luise Pauline von Hohenzollern-Hechingen

 

Was ist so oft der Schädel der Sophisten,
Die sich mit hoher Götterweisheit brüsten,
Als könnten sie des Lichtes Urquell schau'n?
Was ist der Kern so mancher Lust des Lebens,
So manches stolzen, mühevollen Strebens?
Die erste Silbe wird es Dir Vertrau'n.

 

Doch, was die zweite Silbe Dir verkündet,
Dem hat kein Strahl des Lebens sich verbündet,
Kalt steht es da, wenn alles steigt und fällt.
Nur der Natur geheimes Walten
Wird es dem Forscher oft entfalten
Als stummer Zeuge der vergang'nen Welt.

 

Auf Felsenhöhen thront mein stolzes Ganze,
Blickt freundlich nach des Flusses Silberglanze,
Blickt in des Tales Zauberduft hinein.
Doch Schön'res noch, als all der Reiz der Fluren,
Zwei holde Wesen höherer Naturen
Schließt es beglückt in seine Mauern ein.

 

Ach! da ist all der Liebreiz schöner Seelen,
Und Stimmen, wie das Lied von Philomelen,
Vereinigt mit der zartesten Gestalt.
Und alles beugt das Knie zu Huldigungen,
Und jedes Herz, von süßer Macht bezwungen,
Erkennt der Schönheit heilige Gewalt.

 

 

Den beiden Damen wird wohl weniger das Rätsel als die Huldigung vor ihrer gewaltigen Schönheit gefallen haben. 

Körner selbst schreibt über die Begegnung in einem Brief an seine Patin, die Mutter Herzogin Dorothee von Kurland und Sagan. 

 

„In der Schenke machte ich meine Toilette und ging dann ins Schloß, wo ich der Prinzeß Hohenzollern (Tochter der Herzogin von Kurland) Deinen Brief, liebes Tantchen, überbrachte. Ihre Schwester, Prinzeß Accerenza, war ebenfalls da. Sie nahmen mich ungemein artig auf, führten mich in dem Garten herum und ließen Freund Henoch, der zurückgeblieben war, überall suchen, bis er gefunden war; dann dejeunirten wir, und Prinzeß Pauline sang mir ihre lieblichen Kompositionen vor. Es waren herrliche Stunden; wir sollten durchaus bleiben, aber wir wünschten noch bis Greiffenberg zu kommen und wanderten weiter.« Der romantische Greifenstein wurde erstiegen und am folgenden Tage in dem Badeort Flinsberg eingekehrt. »Wir machten uns den Spaß, an der table d'hôte zu essen, wo wir den ächten schlesischen Adelston beobachten konnten. Es war höchst komisch.“

 

 

Das Romantische fehlt in seiner Version da so ein bisschen. Möglicherweise um die Tante nicht zu beunruhigen. 

Stellen wir aus gegebenem Zufall zu diesen Zeilen ein Gedicht eines seinerzeit ebenfalls bekannten Johann Friedrich Schink. Naja heute muss der geneigte Leser da schon mal bei Wikipedia nachschauen [3]. Ab 1819 bezog dieser Schink ebenfalls von der Mutter Dorothea von Kurland in Löbichau gefördert ein Jahresgehalt. Nach deren Tode im Jahr 1821 machte ihn die Tochter, die Herzogin von Sagan, zu ihrem Bibliothekar. So ist es nicht verwunderlich das es literarische Bezüge zu Hohlstein gibt. Von einer größeren Bibliothek aus dem Nachlass des Vaters Peter von Biron gibt es Hinweise.

Im Gedicht geht es um die Erinnerung an das Gewesene, an vergangene Heldentaten, vergangener Literatur usw.  Geschrieben wurde es in Hohlstein 1825 und es ist wohl ein Abschied, möglicherweise aufgrund einer Reise des Dichters, zum Thema genommen sich an vergangenes Lustwandeln in Park von Hohlstein mit den beiden Damen Paulina und Johanne zu erinnern. Ich lasse die ersten und letzten Strophen einmal aus. Sie sind im Anhang zu finden.

 

Johann Friedrich Schink

Das ewige Wort der Zeit

 

…..

 

Und bald auch trennt von meinen schönen Tagen 

Beim Schwesternpaare*, hold und mildiglich, 

 - Gibts hier ein Glück, dem man nicht muß entsagen ? 

Daß Trauerwort des steten Wechsels mich, 

Und jeder wird in meinen Blicken lesen 

- Da geht er hin, froh, wie ein Gott - gewesen. 

 

 

Und ach ! Wer weiß, kehrt nun der Weinmond wieder 

Ob noch mein Fuß bergauf, bergnieder klimmt ? 

Luise* noch den Sänger frommer Lieder, 

Durch Hohlsteins Flur lustwandelnd mit sich nimmt ? 

Ob man nicht wird auf meinem Grabstein lesen, 

 - Wird einer mir von Freundes Hand - gewesen

 

…..

 

* die Fürstin von Hohenzollern und der Herzogin von Acezenza-Pignatelli

 

 

Das Schink'sche Gedicht über die Damen in Hohlstein wirkt ein bisschen gestreckt und gezerrt. So kann man beim überfliegen der Zeilen schon Ahnen warum die Begegnung mit Theodor Körner Wiederhall im Literaturbetrieb, die mit Schink keine weiteren Notizen erlebten. Zuzüglich natürlich, dass der Körner dann auch noch Nationalheld wurde und im Kampfe fiel.

 

Aber es gehört zur Geschichte des Schlosses wie auch ein weiteres eine Scharade von Schink welches im Anhang zu finden ist [4]. Dies nur weil es dort geschrieben wurde.

 

Ebenfalls nach der oben genannten Veröffentlichung [5] soll es einige Begegnungen mit der Königin Louise von Preußen, der Ehefrau des Wilhelm III. auf Schloss Hohlstein gegeben haben. Das Vorrücken der napoleonischen Truppen führte wohl zu unglücklicher Stimmungslage bei den Damen.

Im Juli 1813 während der Befreiungskriege hatte Marschall Macdonald sein Hauptquartier in Hohlstein, Kurz darauf, vom 20. bis 21 August 1813 in den Tagen der Katzbachschlacht wohne General Blücher in Schloss Hohlstein. Inwieweit die Eigentümerin in diesen Tagen zu Hause war ist eher nicht anzunehmen. 

 

Pauline von Hohenzollern-Hechlingen hatte später aufregende Zeiten in Wien. Man spricht von einen Verhältnis zu General Ludwig von Wallmoden-Gimborn, einem Enkel des britischen Königs Georg II.Schauen wir uns die von ihr erhaltenen Portraits an, fällt es nicht schwer sich der Begeisterung der Wiener Herrenwelt anzuschließen. Sie war hübsch anzusehen und sie war reich.

 

 

Als kleine Nebenglosse kann berichtet werden das die Fürstin von Hohenzoller Hechingen mindestens ab 1844 zahlendes Mitglied im Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den königlich Preußischen Staaten war. Möglicherweise ein Hinweis darauf das sie die Gründerin erweiterten Schlossparks ist. Noch habe ich nicht herausgefunden wer der Schöpfer des Parks ist. [8]

 

Ihre letzten Jahre verbringt sie mit der jüngeren Schwester in Wien. Sie stirbt dort 1845. Ein Epitaph in Sagan (Zagan) in der Gnadenkirche verweist auf eine Beerdigung dort. Die Gnadenkirche wurde abgerissen, ein Turm gibt es wieder, 1991 erfolgte eine Wiedereinweihung der Fürstenkapelle sowie die Beerdigung der Saganer Fürsten von Biron [6].

 

Ihr Sohn, der erst nach dem Tod des Vaters wieder Kontakt mit ihr haben durfte erbt Schloss Hohlstein, lebt aber erst einmal in Hechingen weiter. 

 

 

MARIA LOUISE

PAULINE

GEWESENE FÜRSTIN

von HOHENZOLLERN

HECHINGEN

GEBORENE PRINZESSIN

von KURLAND und SEMGALEN

TOCHTER des LETZTEN HERZOGS

PETER von KURLAND

GEBOREN 19 FEBRUAR MDCCLXXXII

GESTORBEN 8 JANUAR MDCCCXLV

 

Text vom Epitaph in der Gnadenkirche, Halle [7], (1782-1845), oben auf zweigeteiltes Wappen leider undeutlich  

 

[1] Löbichau liegt an der Grenze zwischen Thüringen und Sachsen, Heute ist vom Schloss nur noch die Fassade erhalten, der Gebäudekörper ist neu und heute ein Altenheim in schöner Lage, der Musenhof der Anna Amalia in Weimar hat zu gleicher Zeit seine Wirkung entfaltet.

 

[2] Božena Němcová, Die Großmutter (tschechisch Babička) Roman, 1855. Das Werk ist bis dato der meistverkaufte Klassiker der tschechischen Literatur, Wilhelmine von Sagan dient als Vorlage; Dorothy Gies McGuigan, Metternich, Napoleon und die Herzogin von Sagan, 1994; Ernst Hellmuth, Der Artushof der Kurländerinnen Die Gartenlaube, Hrsg. Adolf Kröner Heft 34, S. 571–574 1893 (https://de.wikisource.org/wiki/Der_Artushof_der_Kurländerinnen ); Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig, Christop August Tiedge, Anna Charlotte Dorothea, letzte Herzogin von Kurland, Leipzig, 1823, Clemens Brühl Die SAGAN Das Leben der Herzogin Wilhelmine von Sagan, Steuben Verlag Paul Gesser Berlin, 1941

 

[3] Schink, Johann Friedrich; Fritz Grillengroll [Pseud.], Dt. Theaterdichter; Dramatiker; Dramaturg; Bibliothekar; Schriftsteller; Journalherausgeber geb. 29. April 1755 Magdeburg, gest. 10. Februar 1835Sagan; Ab 1819 bezog Johann Schink von Dorothea von Kurland in Löbichau ein Jahresgehalt. Nach deren Tode im Jahr 1821 machte ihn deren Tochter, die Herzogin von Sagan, zu ihrem Bibliothekar, http://zs.thulb.uni-jena.de/receive/jportal_person_00018125

 

[4] Schink, Johann Friedrich, Sylben Rätsel an Pauline, Fürstin von Hohenzollern Hechingen, am Scheidetage aus Hohlstein im December1823, veröffentlicht in der Abend Zeitung, 04.03 1828, Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung

 

[5] Wandlung siehe pdf im Anhang

 

[6] wikipedia.org/wiki/Schlesische_Gnadenkirchen, Datum 11.04.2018

 

[7] Gnadenkirche Sagan, Halle; Aufnahme 1980/1989; www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/PUNRQTSIQBXOVYOPK7ZSY6TRFDXL7TT7, Datum 23.08.2018

 

[8] Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den königlich Preußischen Staaten, 1844

 

 

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Wandlung von Schloß Hohlstein
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Ein Verwalter aus dem Elsass,

Marie Louis Joseph de Brassier de-Saint-Simon-Vallade

 

 

In den häufigsten Fällen bleibt der Verwalter eines Schlosses ungenannt und unbekannt. Natürlich gibt es Akten und Geschäftsbriefe eines solchen Hauses – dort könnte man fündig werden. Nur wo sind die und wer liest sie ? Dieses mal ist es eine Biografie die den Namen preisgibt und mit einem Namen lässt sich dann schon besser recherchieren.

 

Brühl [1] beschreibt in seiner sehr ausführlichen Biografie „Das Leben der Herzogin Wilhelmine von Sagan, Prinzessin von Kurland“ für das Jahr 1820 einen Sommeraufenthalt der Schwestern von Sagan in Löbichau bei Gera und dort eine Begegnung mit dem Sohn des Verwalters von Hohlstein.

 

„ Mit ihnen sind Fritz von Piattoli, der Sohn Jeannes, ferner Josef von Brassier, der Sohn eines elsässischen Emigranten, welcher Hohlstein für Fürstin Pauline verwaltet, ein auf vielen Gebieten hochbegabter junger Mann, der später als preußischer Diplomat den Grafentitel erhält, sowie ein weiterer Studienfreund gekommen.“

 

Dieser kleine Hinweis führte uns in die Recherche.

 

Die Familie de Brassier de Saint Simon Vallade gehört dem französischen Adel an. Während der Französischen Revolution von 1789 -1799 mussten sie auswandern. Die Guillotine bedrohte ihr Leben. Viele französische Adlige tummelten sich in Wien und Prag im Exil. Es ist sehr wahrscheinlich dass Pauline von Sagan den Marie-Louis-Joseph de Brassier in Wien traf und ihm die Verwaltung des Schlosses Hohlstein übertrug.

 

Eine Ahnenreihe zur Familie kann schnell erstellt werden [2]. Vater und Sohn haben ähnliche Namen. V: Marie Louis Joseph und S: Marie Joseph Anton.

 

Abbildung Ahnenreihe der Familie de Brassier de Sant Simaon Vallade, Erster Teil
Abbildung Ahnenreihe der Familie de Brassier de Sant Simaon Vallade, Erster Teil
Abbildung Ahnenreihe der Familie de Brassier de Sant Simaon Vallade, Zweiter Teil
Abbildung Ahnenreihe der Familie de Brassier de Sant Simaon Vallade, Zweiter Teil

 

Der Lebenslauf des Verwalters wird in einem genealogischem Werk von 1825 und in demselben folgendem bis 1846 folgendermaßen zusammengefasst:

 

Marie-Louis Joseph de Brassier de Saint-Simon-Vallade wurde in Strasbourg 1770 geboren und durchlief auch eine juristische Ausbildung an der Universität in Strasbourg. 1788 ist er Anwalt in der Verwaltung der Landesherrschaft Elsass. („avocat au conseil souverain d’alsace“). 1792 ging er zum Militär. Zuletzt diente er dort als „Capitain Collonel“, 1795 heiratet er eine Frederice von Stampfer, die Tochter eines Offiziers in der französischen Fremdenlegion.

 

Erweitert kann dieser Lebenslauf nun also folgend.

 

Als Adlige wurde die junge Ehe durch die Todesurteile der französischen Revolution bedroht und floh aus dem elsässischen Straßburg ins Exil. Offensichtlich zuerst nach Henneberg dann nach Brixlegg und dann nach Wien. Zumindest wurden ihre Kinder in diesen Orten geboren.

 

Für die Tochter Bertha wird 1804 Wien als Geburtsort genannt und, als Baustein zur Chronik passend, für das Jahr 1822 wird Holletein als Ort ihrer Hochzeit bezeichnet. Offensichtlich hat die Familie de Brassier Schlesien auch nach der Vertreibung Napoleons nicht verlassen.

 

Die Schreibweise des Ortes mit Holletein lässt einen zufälligen Recherche-Treffer dieser Verbindung wirklich nicht erwarten. Er musste sozusagen Quer gefunden werden.

 

 

Der in der Liste genannte Sohn Felix Maria Pinot de Friedenthal wird später eine erfolgreiche preußische Diplomatenkarriere durchlaufen [3]

 

Noch eine kleine Anekdote am Rande schließt einen Kreis. Der Sohn Joseph von Brassier, der im Sommer in Löbichau bei Wilhelmine von Sagan zu Besuch war galt als musisches Talent mit schöner Tenorstimme.

 

„Die Barcarola ist in jenen Tagen entstanden und man hat sich noch lange daran erinnert, daß der Poet (eben jener Joseph; Anmerkung der Red.) sie zur Gitarre, welche er wie Theodor Körner als „verwegener Zitherspieler“ am blauen Bande trug, „mit seinem schönen Tenor zu singen pflegte.“

 

Möglicherweise hat der Junge Brassier den Helden Körner ja im Schloß Hohlstein gesehen, oder vielleicht im nahen Zobten in dem der Lützowsche Freikorp im Jahre 1813 Quartier hatte [4]. Oder Pauline hat ihm erzählt wie Körner das Instrument spielte.

 

Erklärend sei hinzugefügt das die Autorenschaft des deutschen Textes zur Melodie dieser ursprünglich italienischen Barcarola „Das Schiff streicht durch die Wellen, Fidelin! dem Joseph von Brassier zugeschrieben wird [5]. Joseph Brassier durchlief eine erfolgreiche Diplomatenkarriere und verstarb 1872 in Florenz. 

 

Ein Profilbild des Joseph im Fischkostüm lässt sich im Schloss Postrstein bewundern. Der Maler Ernst Welker zeichnete um 1820 einige solch besonderer Bilder. Pauline als Eidechse, ihre Tochter Maria auf einer wehenden Fahne, die Schwester Wilhelmine als Pferd. Sie dienten wahrscheinlich zur Belustigung der Herrschaften des Musenhofes Löbichau. Ein Buch ist kürzlich darüber erschienen [6].

 

[1] Clemens Brühl, Die Sagan: Das Leben der Herzogin Wilhelmine von Sagan, Prinzessin von Kurland

 

[2] Jean Baptiste Pierre Jullien de Courcelles Histoire généalogique et héraldique des pairs de France: des grands dignitaires de la couronne, des principales familles nobles du royaume et des maisons princières de l'Europe, précédée de la généalogie de la maison de France, Band 5, 1825; https://worldconnect.rootsweb.ancestry.com/cgi-bin/igm.cgi?op=GET&db=kingsnkastles&id=I463331 Datum 10.08.2018

 

[3] Lebenslauf Pino von Friedenthal, Felix Maria Freiherr; https://www.deutsche-biographie.de/sfz95975.html

 

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Körner_(Schriftsteller), Datum 13.08.2018

 

[5] Dr. K. Reifert, Akademische Monatsblättern (VII. Jahrgang, 5. März 1895); https://www.volksliederarchiv.de/wer-schrieb-das-schiff-streicht-durch-die-wellen/

  

[6]http://www.museen.thueringen.de/Objekt/DE-MUS-875314/lido/dc00000006, Datum 09.02.2024