Die Familie Lest in Langenau (Czernica) und Flachenseifen (Płoszczyna) 1589 bis 1678

Das Dorf Langenau, zusammen mit dem Nachbarort Flachenseifen, gehörte von 1589 bis zum Jahre 1678 der Familie von Lest.

 

Man kann das Wirken der Familie in dieser Zeit nicht nur aus der Literatur, sondern auch aus noch vorhandenen Kircheninventar und Epitaphien nachzeichnen. Im folgendem soll die Familiengeschichte und der Stammbaum der Familie Lest in Langenau neu erzählt werden. Die Chronik musste aus zahlreichen Puzzleteilchen zusammengefügt werden. 

 

Der Ort Langenau liegt nördlich von Hirschberg, gleich darunter Flachenseifen. Auf der Karte sind die Nachbarorte zu sehen. Damit eine Verortung besser gelingt wurden darunter die heutigen polnischen Namen hinzugefügt. Die Orte Matzdorf und Spiller sollen noch erwähnt werden, sie werden in der Geschichte noch eine Rolle spielen. 

Abb. 1: Historische Karte um Langenau (heute Czernica) 1891, ausgewählte Orte mit neuen polnischen Namen
Abb. 1: Historische Karte um Langenau (heute Czernica) 1891, ausgewählte Orte mit neuen polnischen Namen

Die Geschichte der Familie Lest in Langenau soll chronologisch erzählt werde. Und so beginnt sie mit Betriebswirtschaft. In den Archiven lässt sich die Besitznahme des Ortes Langenau durch die Familie von Lest wie folgt nachvollziehen.

Abb. 2: Besitzstand Dorf Langenau nach [1]
Abb. 2: Besitzstand Dorf Langenau nach [1]

 

Eine kurze Beschreibung des Dorfes und seiner historischen Gebäude ist unter verschiedenen Adressen zu finden [3]. Auch in verschiedenen Zeitschriften wurde darüber berichtet [4] [5]. Eine ausführliche Chronik konnte ich allerdings noch nicht ausfindig machen.

 

Eine Historische Abbildung des Ortes um 1750 vermittelt einen Eindruck des Ortes Langenau. Rechts neben dem Schloss und den Wirtschaftshäusern steht die St. Michael Kirche, auf der anderen Seite das Pfarrhaus und ein sogenanntes Bethaus. (Erst 1744 wurde an dieser Stelle eine protestantische Kirche errichtet, ebenfalls mit einem achteckigen Grundriss, nach 1904 wurde ein Turm dazu gestellt. Das Achteck wurde 2002 niedergelegt, heute ist nur noch der Turm vorhanden.) Als Wirtschaftsgebäude werden ein Amtshaus, ein Gesindehaus, Stallungen, eine Brauerei, ein Malzhaus, ein Kretscham (Dorfgasthof) und eine Mühle genannt. 

Es ist nicht überraschend, dass das Schloss noch zur Zeit der Veröffentlichung des Stiches (Mitte des 18. Jahrhunderts) namentlich der Familie Schaffgotsch zugeordnet wird. Es wurde von der Familie Schaffgotsch erbaut. So wird 1543 von einem Bau eines Verteidigungsgutes am Wasser berichtet. Vielleicht nutzten sie dort auch schon ein älteres Gebäude, denn viele Quellen verweisen auf den Beginn des Herrenhauses im 14. Jahrhundert. Im Jahre 1552 wurde in Langenau einer der bekanntesten Vertreter der Familie, Christoph von Schaffgotsch geboren.

 

Aber seit 1598 gehört Langenau und Flachenseifen wie oben nachgewiesen der Familie von Lest. Anfang 1600 widersteht das Schloss einer Belagerung durch eine größere Truppe von „Kosaken“ es muss also damals ein rustikaleres Gebäude gewesen sein. Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert gehörte Langenau zu einem der reichen Güter in der Umgebung. Hiervon zeugt die erhaltene Ausstattung der Kirche und das ein Schloss. 

 

Abb. 3: Schloss Schaffgotsch in Langenau, Grafik aus "Topographia Silesiae" von Friedrich Bernhard Werner aus der Mitte des 18.Jahrhunderts [6], [7]
Abb. 3: Schloss Schaffgotsch in Langenau, Grafik aus "Topographia Silesiae" von Friedrich Bernhard Werner aus der Mitte des 18.Jahrhunderts [6], [7]

 

Spuren am Schloss:

 

Das Schloss ist mindestens seit 1884 fast vollständig neu errichtet. Der einzige vom alten Schloss noch erhaltene Raum ist eine Repräsentationskammer [4]. In der Nische links neben der Tür findet man unter anderen Wappen auch das der Familie von Lest. Über den Wappen ist in jeder Nische die Jahreszahl 1563 eingeschrieben. Diese wird als authentisch angenommen. Auch an der Außenfassade des Schlosses sind die Rosen der Familie Lest zu finden (heute nach historischem Vorbild neu angebracht). 

 

Spuren in der St. Michael Kirche:

Auf dem obigen Stich von Langenau ist im Vordergrund die Pfarrkirche des Heiligen Erzengel Michael zu sehen. Dabei handelt es sich um einen frühgotischer Bau der noch heute mit schönem Interieur ausgestattet ist [8]. Historische und aktuelle Bilder aus der Kirche sind zahlreich zu finden.

Wichtig für die Geschichte der Familie Lest ist, dass schon im Jahre 1542 die Evangelischen die Pfarrkirche übernahmen. Die Familie Lest als spätere Besitzer von Langenau werden wohl von einem protestantischen Glauben geprägt worden sein.

Im Weiteren sollen von der Kirche nur die Dinge aufgezählt werden die in einem Bezug zur Familie von Lest stehen. Es sind nicht wenige. So wurde der Hauptaltar in den Jahren 1605-1615 hergestellt und von der Familie Lest gestiftet. Inschriften verweisen auf den Stifter Melchior von Lest, danach starb dieser im Jahre 1600. Auf demselben Altar befindet sich eine Inschrift, die an die Kommunion zweier junger Lest‘ s im Jahr 1604 erinnert und auch die Kanzel stammt aus dem Jahr 1615.

Ein weiterer Schmuck ist ein Taufstein, aus Sandstein gehauen. Dieser hat auf der Umrahmung des Taufbeckens vier Wappen berühmter schlesischer Familien eingemeißelt. So sind dort in schönster plastischer Art die Symbole der Familien von Lest, von Stosch, von Axleben (häufig als von Reibnitz angegeben) und von Hochberg zu sehen. Sie gehören alle, wie wir noch erfahren werden, zum Stammbaum des Stifters Lest.

In einer Seitenkapelle befinden sich drei Epitaphien von früh verstorbenen Kindern aus der Familie Lest und auch an der Außenwand der Kirche gibt es drei Epitaphien der Familie.

 

Dagegen sind die beiden großen Epitaphien innerhalb der Kirche hinter der Kanzel nicht wie häufig behauptet wird, der Familie Lest zuzuordnen. Es handelt sich um einen Herrn Melchior von Löben † 1561 und eine Magdaleny Schaffgotsch † 1588. Die Familie Schaffgotsch war, wie oben gezeigt wurde, vor der Familie von Lest Besitzer des Dorfes Langenau. Und Melchior von Löben war möglicherweise ein Schwiegersohn des Vorbesitzers Balthasar von Schaffgotsch (siehe oben Verkauf des Gutes Langenau).

Abb. 4: Ausschnitt aus einem Kunstführer des Jahres 1891 [10]
Abb. 4: Ausschnitt aus einem Kunstführer des Jahres 1891 [10]

Stammbaum der Familie Lest in Langenau I./II.

 

Der Stammbaum der Familie Lest zeigt eine starke Verflechtung mit dem schlesischen Adel. Der hier dargestellte Stammbaum umfasst die ersten Generationen der Familie Lest in Langenau. Bemerkungen zu den Quellen und zu den Schwierigkeiten der Zusammenstellung wird in einer umfassenderen Chronik beschrieben und kann (siehe Kontakte) gerne angefordert werden. Die kleinen Abbildungen zeigen Epitaphien der 3 früh verstorbenen Töchter von Abraham und Barbara von Lest. Die Daten konnten auf der Grundlage von Fotos von Danuta und Marek [8] ausgelesen werden. 

 

 

Abb. 5: Stammbaum der ersten und zweiten Generation Lest in Langenau
Abb. 5: Stammbaum der ersten und zweiten Generation Lest in Langenau

 

1622 Kriegsgeschehnisse

 

In die im Stammbaum angeführte Zeitspanne ist der 30-jährige Krieg als wichtigstes historisches Ereignis einzuordnen. Und so ist auch für den Ort Langenau ein grausiger Vorfall beschrieben. In der „Protestantischen Kirchengeschichte in Schlesien“ aus dem Jahre 1768 wurde dieser besonders detailliert erzählt. Die Familien Lest und Spiller waren Zeitzeugen und wohl auch unfreiwillige Teilnehmer. [2], [3].

 

Aus Böhmen entsendete Hilfstruppen, hier Cosacken genannt, wurden von Ferdinand II. über Prag durch Schlesien und Polen nach Böhmen als nicht geeignet zurückgeschickt. Diese grausame Cosackenplage trifft 1622 Schlesien und besonders die evangelischen Dörfer.

 

 „Diese 8000 Mann zogen, geführt von einem Burggrafen von Dohna, einem kayserlichen Hauptkommissarius, plündernd und mordent durch Schlesien. Offensichtlich waren dabei vor allem die protestantischen Orte betroffen. Die Herren von Lest und Spiller stellten sich bei Langenau diesen Plünderungen allerdings erfolglos entgegen.  

Den 10. November kam ein Teil auf Hartau und Bernsdorf bei Hirschberg, wo sie eben so handelten; Die wenigen kayserlichen Soldaten, so in Hirschberg lagen, wollten sie zwar wegtreiben, allein die Cosacken schossen 10 Mann davon tot, und da aus den Dörfern Langenau und Flachenseiffen den Hirschbergern 50 Mann zu Hilfe kamen, so wurden auch die meisten von diesen Bauern erschossen. Hierdurch wurden die Cosacken noch mehr erbittert, plünderten die Häuser in Bernsdorf und beraubten die Kirche. Die Stadt Hirschberg schickte ihnen Bier und Fische, dahero zogen sie vorbei; da nun der junge Herr von Lest auf Langenau mit seinen Leuten gegen sie auszog, und nicht wusste, wie stark sie wären, auch einen erschoss, so reterierte er sich ins Dorf auf das etwas feste Schloss, aus welchem der alte Herr von Lest und Herr Heinrich von Spiller sich mit ihren Leuten wehreten und zwei erschossen. Nun wurden sie erst rasend, blieben 2 Tage in Langenau, und marterten viel Menschen erbärmlich. Einem Bauer schnitten sie die Zunge zu dem im Nacken heraus, und etliche hieben sie zu Tode. Nach der Plünderung zogen sie nicht eher fort, bis ihnen der Herr von Lest und die Gemeinde an Gelde und Kleinodien 3000 Taler Wert gaben."

 

Der Herr Knie in seinem berühmtem Lexika kürzt den Vorgang folgend ab [14] .

 

"Sein evangelischer Besitzer vertheidigte es im 30jährigen Kriege sieben Wochen gegen Dohna’s Angriffe. Wahrscheinlich wurde das Herrenhaus von einer kleineren Einheit belagert, aber es muss trotzdem ein stark verteidigtes Gebäude gewesen sein"

 

Bei dem im Text als Herr Burggraf von Dohna bezeichneten kayserlichen Hauptkommissarius handelt es sich um Karl Hannibal Burggraf von Dohna (1588 bis 1633). Dieser war seit 1621 des Kaisers unumschränkter Herrscher in Schlesien und ließ die Truppen offensichtlich gewähren. Ab 1628 begann er in Schlesien die am kaiserlichen Hofe beschlossene Gegenreformation und zog sich durch die entsetzliche Härte und Grausamkeit den bittersten Hass und den Beinamen des "Seligmachers" zu. Schon 1622 hat er dafür seine Erfahrungen gesammelt.

 

Für die Familienchronik bleibt zu sagen, dass sich der junge Herr von Lest mutig aber unbedacht den Kosaken entgegenwirft um sie zu vertreiben. Er muss sich aber zurück in das Schloss flüchten. Dort verteidigen der alte Herr von Lest und ein Herr von Spiller die Burg. Allerdings wird im Dorf Langenau zwei Tage lang gemordet und geplündert und ein Abzug der Soldaten muss mit Geld bezahlt werden.

Bei dem alten Herrn von Lest kann es sich eigentlich nur um Abraham von Lest, Gemahl der Barbara von Axleben und bei dem Sohn um Abraham von Lest, dem späteren Gemahl der Anna Margarethe von Tschammer handeln. Nach der Angabe einer Geburt des Sohnes im Jahr 1606 würde das bedeuten das er bei seinem Vorgehen gegen die Kosaken erst 16 Jahre alt war. Das ist nicht wirklich zu glauben.

 

Der genannte Heinrich Spiller konnte noch nicht zugeordnet werden. Der Familie Spiller gehörten Orte westlich von Langenau wie Matzdorf, Berbißdorf, Jonsdorf und Spiller. Eine 1622 schon verstorbenen Tochter Ursula Katharina von Lest war mit einem Joachim von Spiller verheiratet (siehe Stammbaum). Er war der Sohn von Hans Spiller erbte 1618 Matzdorf und übernahm von seinem Vater die Funktion als Landesältester und wurde 1654 auch noch Ober Rechts Sitzer der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer. Ihr Sohn Hans Abraham von Lest wurde späterhin Besitzer von Berbisdorf bei Hirschberg [15]

 

1654 Gegenreformation

 

Nach dem Ende des 30-jährigen Krieges blieb der Besitz in den Händen der Familie von Lest. Im Jahre 1654 fand die sogenannte Kirchenreduktion, eine von Kaiser Ferdinand II. angeordnete weitere Gegenreformation statt. Dieser Vorgang wurde von einer Kommission betrieben, die teilweise mit kaiserlichen Soldaten unterwegs waren. Sie vertrieben die protestantischen Pfarrer und setzten katholische Pastoren ein. Einen detaillierteren Bericht, von dieser Kommission geschrieben, verweist auf die Witwe Tschammer. Im Tagesbericht vom 27.Februar des Jahres 1654 heißt es:

 

 

"Langenau an eben diesem 27 Februar, dieses gehörte der Wittwe Anna Margaretha von Lestin geborene Tschammerin. Des Prädicantens Weib und Kinder waren noch da, Caspar Scultetus aber wurde Pfarrer (der hier abgesetzte Pfarrer Herold ist hernach als Privatus zu Probsthayn in dem liegnitzischen Fürstenthum gestorben und daselbst begraben worden). "

 

Bei der im Text genannten Witwe handelt es sich ganz offensichtlich um die Ehefrau von Abraham von Lest, der Anna Margarethe von Tschammer. Der Ehemann ist also mindesten vor Februar 1654 verstorben. An anderer Stelle wir zitiert

 

"Der Prædicant soll weg seÿn, sein Weib u. Kinder aber noch hier im Dorffe verhanden. Die Kirche ward reconciliiret. Nachts kamen wir nach Hirschberg. [16]."

 

Bei dem vertriebenen Pfarrer handelte es sich um Balthasar Herold. Dieser floh ins nahe gelegene Probsthain zu einer befreundeten Familie von Reder. [17]. Nach dem Text auf seinem Epitaph lebte er dort als Pfarrer und starb nach langer Krankheit 1661 [18].

Die Visitation führte am 27.Februar weiter nach Röhrsdorf, nördlich von Langenau. Der Ort gehörte dem damaligen Landeskanzler Melchior von Lest. Und einen Tag später am 28. Februar erreichten sie Kaufung. Hier wurden die Herrschaften Herr Siegfried von Seidlitz, Melchior von Zedlitz, Georg von Redern, Sebastian von Sedlitz, Nicolaus von Zedlitz und Melchior und Hans Wolfram von Lest als Besitzer genannt.

 

Offensichtlich überlebten auch weitere Mitglieder der Familie von Lest den grausamen Krieg. Wir werden noch erfahren in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis sie zu einander standen. Auf jeden Fall konnten sie sich an einen Wiederaufbau der Länderein machen. 

Abb. 6: Tagebucheintrag zur Visitation von Langenau durch eine kayserliche Kommission 1654 [2] Seite 441
Abb. 6: Tagebucheintrag zur Visitation von Langenau durch eine kayserliche Kommission 1654 [2] Seite 441

 

1647 Langenau geht an die Söhne / Stammbaum III

 

Die Kinder der Margarete von Lest, geb. Tschammer können über drei noch vorhandenen Epitaphien leicht zugeordnet werden. Zwei Grabmale stehen an der Kirchwand von Langenau das dritte in der Familiengruft der Familie von Redern in Probsthain. Im Stammbaum sind die Steine angedeutet dargestellt. Auf jedem der drei Steine finden sich links die Wappen von Lest und von Axleben, rechts von Tschammer und von Schaffgotsche. Besonders beim Oswald sind alle vier mit zugehöriger Überschrift des Familiennamens noch sehr gut erhalten. 

 

Abb. 7: Stammbaum der II. und III. Generation von Lest in Langenau, die Epitaphien der Kinder von Abraham Adam von Lest und Anna Margarete von Tschammer
Abb. 7: Stammbaum der II. und III. Generation von Lest in Langenau, die Epitaphien der Kinder von Abraham Adam von Lest und Anna Margarete von Tschammer

 

Die Übergabe an die Kinder ist in Dokumenten nachzulesen. Die wichtigsten Vorgänge habe ich wieder zusammengestellt. (Siehe Abb. 12) (weitere Quelle für Brüdermord Lucae I. c. IV. 3. p. 957, bisher noch nicht gefunden)

Abb. 8:  Vorgänge zu Verkauf und Pfändung von Langenau [1]
Abb. 8: Vorgänge zu Verkauf und Pfändung von Langenau [1]

 

Viele neue Namen sind zu finden aber eines wird deutlich, Langenau und Flachenseifen werden in den Nachkriegsjahren an die Brüder Oswald und Niklas von Lest überschrieben. Das sind die Kinder der Witwe Margarethe von Lest. Die Tochter Barbara Helena verzichtet auf Ansprüche.

 

Allerdings werden die Güter im Jahre 1678 schon wieder verpfändet.

Bei dem genannten Hans Abraham könnte es sich zeitlich um den Sohn Johan Leopold Oßwald von Lest (1677-1679) handeln.

 

Die Güter werden an einen Hans Sigmund von Reder auf Matzdorf und Sohn Abraham Sigmund (1658 bis 1670) verpfändet. Aus dem oben gezeigten Stammbaum wird schnell klar das es sich hierbei um die Familie der Schwester handelt.

 

1672 Oswald tötet den Bruder Nicolaus / Stammbaum IV

 

Eine berühmte Tragödie im Hause Lest ereignete sich im Herrenhaus 1672, als der betrunkene Oswald von Lest bei einem Streit seinen Bruder Nicolaus tötete. Eine detaillierte Ausschmückung dieses Verbrechens finden wir auf einem Grabstein. Zitiert wird die Inschrift von dem Chronisten Walter Finke (1956) der es beim Chronisten Klose (1885) aus Hirschberg abgeschrieben hat. In einer anderen Quelle wird auch noch ein Chronist Roch aus dem 17. Jahrhundert genannt der von diesem Mord berichtet.

 

Der Grabstein des ermordeten Nikolaus befand sich vor Ende des 19. Jahrhunderts noch in der sogenannten „Harte“ bei Matzdorf. Er enthielt in den Ecken vier undeutliche Wappen. Die in großen lateinischen Buchstaben hergestellte, nur noch schwer zu lesende Inschrift lautete:

 

„Dem Leser, hier ist das Grab des Weiland hochedelgebohrnen u. gestrengen Herrn Niclaszen von Lest auf Langenau und Flachenseiffen römisch kaiserl. Majestäten unter dem hochl. lotheringischen Kyrassier Regiment bestallt gewesenen Kornets, welchen die Hand der Tugend bei annoch fast unmuendigen Jahren auf den ritterlichen Staffeln der Ehre geleitet und die Hand des einzigen vollbürtigen Bruders Osswaldius von Lest durch einen abscheulichen Dolchstoß hinweg gerafft.

Der ist auf den 30. April 1672 auf beider eigenthuemlichen Hause Langenau abends zwischen 6 und 7 Uhr geschehen, allwo der Seelige, nachdem er folgenden Morgen in würkliche kaiserl. Dienste zu Felde gehen sollte, auf dem Orte, wo er geboren, sein edles Blut und zugleich den muthigen Geist verlassen muessen: Des Alters 21 Jahr und 9 Wochen.

„Darum bedenke, daß die Welt voll Fluch und Laster, voller Mord und Feindschaft sei, unter denen auch kein Bruder von der Hand des Bruders frei. Ach bewein deinen Stand, denn bei solchem blutigen Weinen, wie sie diese Grab beschleußt, moechte doch wohl Stein weinen.“

 

Der Grabstein lag also in der Harte (heute Czyżyk), einem Waldstück zwischen Matzdorf und Langenau (siehe Karte Abb. 1). Das Epitaph vom Nicolaus an der Kirche in Langenau kann dieser Stein nicht gewesen sein. Zuviel Text steht darauf. Die Geschichte des Grabsteines in der Harte wird noch einmal abgewandelt erzählt [15] S. 27.

 

Nach dieser grauenvollen That wollte Johann Sigismund von Reder die Langenauer Güter kaufen, dagegen Matzdorf an den Grafen Palfi auf Alt-Kemnitz verkaufen, da jedoch der Brudermörder 1673 gegen eine Kaution von 3000 Thalern nach Langenau zurückkehren durfte, so wurde dieser Plan vereitelt. Daher kam es auch, daß der Leichenstein, welchen die Schwester ihrem ermordeten Bruder hatte anfertigen lassen, nicht nach Langenau gebracht wurde, sondern im Matzdorfer Schlosse liegen blieb. Jetzt dient dieser Leichenstein in der Harte als Tisch.

 

Die Schwester Barbara lässt also einen Stein für den Bruder Nicolaus herstellen und möchte ihn in Langenau aufstellen lassen. Allerdings gelingt der Kauf von Langenau durch ihren Ehemann nicht. Der Mörder Oswald darf, auf Betreiben seiner Ehefrau Magdalena Tugendreich geb. von Reibnitz, gegen eine Kaution nach Langenau zurückkehren So bleibt des Brudermordes mahnender Stein in der Harte, einem Waldstück östlich vom Gut Matzdorf bei Mauer liegen und wird später zu einem Tisch im Wald.

Oswald musste eine hohe Geldstrafe zahlen und er sollte ein Denkmal für seinen Bruder errichten. Dabei kann es sich diesmal um das Epitaph an der Kirche von Langenau handeln. Ich habe es einmal als Schema dargestellt, in der Mitte steht ein schöner Ritter mit Zöpfen, seinen Helm in der rechten Hand, die linke ruht auf dem Degen.

 

In der oberen linken vertikalen Ecke ist das Datum des Mordes deutlich sichtbar. Die Inschrift ist sehr unleserlich. Aber kein Wunder, denn die Einwohner von Czernica  behaupten, dass die Platte erst vor wenigen Jahren das Licht der Welt erblickte, da sie im Boden vergraben war [8]. Nach meiner Durchsicht von Fotosammlungen wurde die Platte erst nach 2007 aufgestellt. Die von mir kursiv geschriebenen Texte sind lediglich als ein Versuch einer Entzifferung anzusehen.